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  • Monika Bremer

Newsletter Monika Bremer | September 2022


Liebe Leserinnen und Leser,


der September-Newsletter hält gute Neuigkeiten aus dem Bereich Kultur bereit, ist aber auch ein bisschen nachdenklich.


Wieder einmal habe ich zudem einen doch recht mutigen Schritt gewagt, beziehungsweise werde ich diesen Schritt in naher Zukunft gehen.


Außerdem stellt sich als Journalistin immer und immer wieder die Frage, ob Kairo weiterhin Lebensmittelpunkt bleiben wird und wenn ja, in welcher Form. Es gibt so vielfältige Themen die es wert wären, darüber zu schreiben. Doch dafür Genehmigungen zu bekommen, ist derzeit fast unmöglich; von einem Presseausweis als ausländische Journalistin ganz zu schweigen.


In wenigen Tagen starte ich daher nach Bilbao in Nordspanien um zu schauen, ob Bilbao für den nächsten Sommer ein Place-to-be sein wird. Doch darüber gibt es dann bestimmt einen weiteren Newsletter. Im Moment bin ich noch hier und freue mich auf die kommenden Projekte. Seien Sie gespannt.


Herzliche Grüße

Ihre Monika Bremer


Wacken Metal Battle in Ägypten

Mein neues Baby heißt Lucy

What's next?

 

Der Wacken Metal Battle wird am 4. März in Ägypten stattfinden

Manchmal schreibe ich, der Wacken Metal Battle kommt 2023 wieder nach Ägypten. Fakt ist allerdings, dass er nicht kommt, sondern dass ich diejenige bin, die den Wacken Metal Battle in Ägypten ermöglicht.


Ich freue mich sehr, dass wir wieder mit dem Cairo Jazzclub 610 zusammenarbeiten werden. Der letzte Vor-Corona-Metal-Battle in Ägypten fand 2019 ebenfalls im CJC610 statt. Mit dem erfahrenen Team brauche ich mir keine Sorgen um die Steuerbehörde, den Verkauf von Tickets oder um eine Soundanlage zu machen. Cairo Jazzclub ist den Umgang mit Künstlern gewohnt und agiert souverän und professionell - das kann ich nicht nur als Kulturschaffende, sondern auch als Musikerin bestätigen.


Im Jahr 2019 hatten wir die schwedischen Metal-Battle-Gewinner aus dem Vorjahr zu Gast, die Band "Chugger". Für das Jahr 2023 haben wir die Gewinner des deutschen Metal Battles aus diesem Jahr eingeladen, die Band "Divide" aus Kiel. Ich hatte die "Jungs" vor einigen Jahren bereits bei einem Konzert beim Bootshafensommer in Kiel gesehen und angesprochen. Da war es nur noch ein logischer Schritt, nachdem sie in diesem Jahr den deutschen Metal Battle gewannen, Divide nach Kairo einzuladen. Wir hoffen, die Deutsche Botschaft wird uns dabei unterstützen. Ebenfalls erwarten wir internationale Jury-Mitglieder aus dem Metal-Battle-Umfeld - doch solange die Gespräche noch andauern, wird nichts vorab verraten. Die ägyptische Jury steht bereits fest.


Für das Jahr 2024 habe ich mit Wacken weitere Schritte besprochen, und es sieht so aus, als werde es im 2024 einen Metal Battle Middle East geben. Saudia Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain werden dann ebenso dabei sein wie weiterhin Ägypten und der Libanon. Jedes Land wird einen eigenen Metal Battle durchführen und einen Landessieger zum Finale in Middle East senden. Im Finale in Kairo oder Saudi Arabien wird dann der Middle-East-Sieger gekürt, der dann nach Wacken fliegen wird. Die Herausforderungen für die Bands werden viel größer sein, als wenn es, so wie im nächsten Jahr, nur ein einziges Wettbewerbsland gibt. Eine Band von denjenigen, die sich ab Oktober bewerben werden, wird mit uns nach Wacken fliegen und dort im Finale spielen.


Mein Co-Promoter für Saudi Arabien, UAE und Bahrain wird Chadi Ashraf sein. Chadi ist Gitarrist und Medienmanager. Wir kennen uns bereits seit 10 Jahren und treffen uns regelmäßig auf dem Cairo Jazzfest, weil er dort als Stagemanger tätig ist. Er lebt und arbeitet aber seit Jahren in Saudi Arabien. Wenn ich das so plane und organisiere und darüber schreibe, fühlt es sich ganz normal an. Aber wenn ich darüber nachdenke, was ich da als "weiße Frau", wie ich oft genannt werde, in Bewegung setze, dann ist das schon irre. Ich werde im Winter in die besagten Länder fliegen, Bands und Organisatoren treffen und Venues ansehen, aber auch das Goetheinstitut und die Deutsche Botschaft in Riad besuchen. Letztere macht übrigens kulturelle Veranstaltungen wie deutsche Jazztage in Riad. Das alles wird super spannend werden, und ich habe auch keine Angst. Allerdings finde ich, darf man nicht vergessen, dass Frauen erst seit wenigen Jahren in Saudi Arabien Auto fahren dürfen und ich jetzt, im Vergleich zu den letzten Jahren, auch ohne männliche Begleitung einreisen darf. Bei der weiteren Öffnung des Landes sind wir in diesen spannenden Zeiten gerne mit unseren Möglichkeiten kulturell dabei.


Dubai, so die Aussage eines Bekannten, entwickelt sich hingegen immer mehr zu einem weiteren New York. Wie immer in dieser Region muss ich mich mit männlichen Organisatoren herumschlagen, die der Meinung sind, sie können es besser. Was sie aber vergessen ist, dass ein Metal Battle weit mehr ist, als ein Venue zu buchen und Bands einzuladen. Vielmehr geht es darum, einen sicheren und fairen Wettbewerb durchzuführen, die Bands auf Deutschland vorzubereiten und sicher nach Deutschland und auch wieder zurückzubringen - inklusive der entsprechenden Visa. Das bedeutet vor allem Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation.

Daher fand gestern für die ägyptischen Bands das erste Informationsmeeting für den bevorstehenden Metal Battle statt - in einem Straßencafé in Downtown. Ich traf alte Bekannte, die ich seit Jahren nicht gesehen hatte und neue Bands. Es war ein sehr lustiger und unterhaltsamer, aber auch etwas nachdenklicher Abend. Dass ich für Treffen zur Verfügung stehe, ist für die Bands deshalb so wichtig, weil der Name "Wacken" dadurch etwas an Schrecken verliert. Das Wacken-Festival ist für die meisten Ägypter selbst als Besucher unerreichbar. Mit mir als Person bekommt Wacken aber ein Gesicht - ein freundliches, laut lachendes und menschliches Gesicht, und es nimmt den meisten jungen Musikern den ersten Schrecken vor dem Namen Wacken. Es waren Musiker da, die als Gewinner-Band bereits in Wacken waren. Zudem traf ich alte Kollegïnnen, die ich bereits seit 10 Jahren als Musiker kenne und den Videographer, der die Metal-Szene Ägyptens für Wacken TV dokumentieren wird. Ob wir dafür die Genehmigung oder in welchem Rahmen wir die Genehmigung bekommen, steht noch in den Sternen.


Nachdem alle Fragen erstmal beantwortet waren, wurden unsere Stimmen leiser und wir sprachen über die derzeitige Situation. Wir nehmen alle wahr, dass Importe für sogenannte Luxusgüter derzeit gestoppt werden und Ikea halb leer ist, dass etliche Ministerïnnen neu besetzt wurden und dass die Schulen später als üblich starten. Nicht nur ich, sondern alle waren wir uns gestern einig, dass wir derzeit eine Lethargie und eine Starre in der kulturellen Szene erleben, wie wir sie in den letzten 10 Jahren so in der Form noch nicht wahrgenommen haben. Ich kam sowieso Ende 2011, als alles im Aufbruch war, und das war noch komplett anders. Und als ich in 2013 erstmalig ankündigte, der Wacken Wettbewerb käme 2014 nach Kairo, da dachten alle, das sei Scam. Niemand hatte daran geglaubt. Und zehn Jahre später, in 2024, wird es nicht nur immer noch den Metal Battle in Ägypten geben, sondern quasi in ganz Middle East. Inshaallah.


Wir sprachen auch über diejenigen Wegbegleiter, die nicht mehr bei uns sind. Ein bekannter Künstler, der anfangs noch als Gitarrist in einer Metal Band dabei war und den wir wie selbstverständlich im Vibe-Studio trafen und seinen kleinen Sohn auf dem Arm hatten, verließ Ägypten 2014 über die Organisation "Artist at Risk" und lebt seitdem in Schweden und Finnland. Sein Videographer, ein Freund der gestrigen Musiker, starb mit 21 Jahren im Gefängnis in Ägypten. Erst gestern erfuhren wir, dass ein weiterer Metal-Musiker und Veranstalter im Gefängnis sitzt - aber wohl nicht wegen Musik. Angeblich für 15 Jahre. Er ist ungefähr 40, und damit ist sein Leben gelaufen. Jemand, den ich im Rahmen meiner Arbeit hier als Organisator in Zamalek vor Jahren zum Kaffee traf. Einen anderen Musiker, der beim ersten Metal Battle in 2014 noch dabei war, ist inzwischen an Krebs verstorben. Vor einigen Tagen erschien der Trailer für eine Dokumentation über "meine Mädels", die Band "Slave to Sirens" aus dem Libanon. Sie waren nicht nur beim Metal Battle im Libanon 2015 dabei - ich traf sie auch in Wacken und in Casablanca und bin immer noch regelmäßig mit Lilas in Kontakt und plane einen Besuch in Beirut für diesen Herbst. Eine Aussage von der Band hat mich besonders berührt - "We thought it is all about music, but it was not". Bereits 2015 hatte ich darüber geschrieben, dass mit den Musikerïnnen aus Beirut das Thema Krieg plötzlich sehr nah war. Mehr sollte ich zu diesen Themen in einem Newsletter nicht sagen.


Bis auf Dubai gibt es im Nahen Osten keine Musikindustrie, wie sie mit den westlichen Ländern vergleichbar wäre. Das, was derzeit in Ägypten als ägyptische Musik im Radio gespielt wird, gleicht sich immer mehr an, war ebenfalls eine Aussage aus dem gestrigen Gespräch. Shaabi-Musik für das Volk. Indem Wacken einen Bandwettbewerb auch in Ländern wie in Middle East ermöglicht, öffnen sich für die Musiker nicht nur Türen in Richtung Wacken, sondern auch Perspektiven. Der Metal Battle nimmt den Musikern das Gefühl, komplett ausgegrenzt zu sein. Die Gewinnerband aus Ägypten wird Bands aus 29 weiteren Ländern treffen. Sie werden mit Musikerïnnen aus Israel grillen und Bier trinken und die Bühne teilen. Etwas, was im Alltag hier undenkbar ist. Sie werden Bands aus Japan und China ebenso treffen wie aus Amerika oder der Karibik. Sie werden lernen, dass jedes Land seine eigenen Herausforderungen hat. Und dadurch, dass wir Pläne in Middle East bis 2024 machen, gibt es eine Perspektive für die Bands, die über das nächste Konzert hinaus geht. Der Wacken Metal Battle ist eben doch mehr, als ein Venue für einige Bands zu buchen, sondern schafft Begegnungen.

 

Mein neues Baby heißt Lucy

Ich weiß beim besten Willen nicht, warum man elektrischen Gitarren und Bässen einen Namen gibt, aber mein E-Bass heißt Lucy.


Ich fragte in den Sozialen Medien - Is it a boy, is it a girl? - no it is a Yamaha. Ich liebe Bassinstrumente und wollte neben Posaune auch immer schon E-Bass spielen. Jetzt ist es endlich soweit. Ich kann schon drei Töne, C, F und G. Damit bin ich für Standard-Popsongs in C-Dur bestens gerüstet. Mit einer Mini-Amp übe ich im Wohnzimmer, und die dicken Stahlsaiten tun meinen Fingern weh. Aber es klingt einfach super cool. Ok finde ich zumindest. Ich bin ganz stolz, dass mein Basskabel den Namen Fender trägt und fühle mich wie ein kleiner Rockstar, wenn ich den Bass festhalte. Klingen tut es aber eher nach Anfängerklasse Musikschule. Macht aber nichts, ist ja nur zum Spaß. Und ich werde so lange üben, bis ich das Bass-Intro von "Living on a prayer" von Bon Jovi spielen kann. Die Posaune wird natürlich nicht vernachlässigt, sondern mit neuen Übungen wieder in Schwung gebracht. Es wird ja langsam kühler, sodass ich üben kann, ohne dabei zu zerfließen.

 

What's next?

Das DCAF, Downtown Contemporary Art Festival, feiert 10-jähriges Bestehen und wird vom 9. bis 30. Oktober stattfinden. Auf der Internetseite https://d-caf.org ist noch kein aktuelles Programm zu finden, und das DCAF wurde in den letzten Jahren auch immer kleiner. Dennoch fanden sich immer Schätze, die sich zu entdecken lohnten.


Das Cairo Jazzfest ist in diesem Jahr vom 27. Oktober bis zum 4. November geplant. Auch hier heißt es beim Programm noch "coming soon". Ich hoffe, ja, dass ich in diesem Jahr mit der Bigband wieder dabei sein darf.


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